Die Königin der Welt
Der große Feuerdämon Fiireaz hatte es sich gerade so richtig gemütlich gemacht. Sofa, Beine hoch und im Fernsehen lief eine Folge von Supernatural. Er liebte Comedy.
Fiireaz trank Mezcal (er mochte nur die Flaschen mit dem Wurm drin) und aß schokoladenüberzogene Chilis. Kurzum, es war alles perfekt und versprach, ein gemütlicher Feierabend zu werden. Den hatte er auch verdient nach einem langen, harten Arbeitstag in der Hölle. Verdammte Seelen am Spieß rösten ist zwar ganz lustig, aber auch recht eintönig. Und wie jeder weiß, ist eintönige Arbeit noch gesundheitsschädlicher als stressige. Vor allem, wenn man in erster Linie nur dafür zuständig war, das Feuer auf der richtigen Röst-Temperatur zu halten. Die Seelen sollten schließlich nicht zu schnell verkokeln. Fiireaz hatte seinen Job gründlich satt.
Aber jetzt war Feierabend. Der große Fiireaz warf noch ein paar Chilis ein und rülpste zufrieden. Eine kleine Rauchwolke entwich seinem Mund.
Und dann spürte er ein sanftes Zupfen. Jemand griff nach ihm, nach seiner Essenz. Aus dem Zupfen wurde ein Zerren und Ziehen. Dieser jemand verfügte scheinbar über große Kräfte. Fiireaz grub seine Krallen (gerade vorhin noch frisch gefeilt) in die Sofalehne. Das Bier entglitt ihm. Fiireaz grollte und sprühte Funken. Aber das half nichts. Irgendwo da oben war ein mächtiger Magier gerade dabei, einen Dämon zu beschwören. Nicht nur irgendeinen Dämon, sondern ihn, den großen Fiireaz! Er hatte andere Dämonen davon reden hören. Von Zauberern, die sie in die Welt hinauf zwangen und ihnen Befehle gaben. Fiireaz hatte das immer nur müde belächelt. Sie waren eben zu schwach. So was würde ihm doch nicht passieren, ihm, dem großen Fiireaz! Und doch passierte es genau jetzt.
Igitt, war das unangenehm. Es zog bis in seine Zahnwurzeln hinein. So ging das nun aber gar nicht!
„Ich bin der große …“, schrie Fiireaz.
Weiter kam er nicht. Etwas hielt ihn mit unwiderstehlichem Griff am Nacken gepackt und zog ihn durch alle Dimensionen von Zeit und Raum. Als er wieder zu Atem kam, fand er sich in einem gepflegten Vorstadtgarten wieder, in einem Kreidekreis mitten auf dem akkurat geschnittener Rasen. Dieser war jetzt allerdings durch einen ziemlich großen Brandflecken entstellt. Am Himmel leuchteten ein paar Sterne, es duftete nach Rosen und Wachskerzen. Auf einem Baum sang melodisch eine Nachtigall. Fiireaz blickte sich nach dem mächtigen Magier um. Doch alles, was er sah, war ein kleines, blondes Mädchen in einem pinkfarbenen Schlafanzug, der mit Einhörnern bedruckt war. Sie hielt ein aufgeschlagenes, altes Buch in der Hand, musterte ihn von oben bis unten und wirkte weder erschrocken noch ängstlich.
„Wo ist der Zauberer?“
„Du bist ein Dämon?“
Sie besaß doch tatsächlich die Unverschämtheit, enttäuscht auszusehen. Fiireaz tätschelte schützend seinen Bauch. Er mochte nun mal schokoladenüberzogene Chilis.
„Ich habe mir dich anders vorgestellt“, sagte sie.
„Ich bin der große Fiireaz! Und ich habe mir meinen Feierabend ebenfalls anders vorgestellt.“
„Ich bin Mia. Und du bist nicht besonders groß.“
Fiireaz glühte empört. „Was willst du von mir?“
„Ich will einen Hund.“
Das konnte doch nur ein schlechter Witz sein. „Wie bitte?“
Die Kleine legte ihren Finger an die Lippen. Fiireaz verstummte. Und dann hörte er ein leises Winseln. Das Mädchen zeigte zum Nachbarhaus.
„Der Mann quält seinen Hund. Und niemand unternimmt etwas.“
Tierquäler. Fiireaz kannte diese Sorte. Immer auf die Kleinen, Schwachen. Nach oben buckeln und nach unten treten. Davon sah er jeden Tag genug in der Hölle.
„Soll ich den Kerl verbrennen?“
„Nein, natürlich nicht. Nur ordentlich erschrecken.“
Wie schade. „Du musst den Kreis öffnen.“
Das Mädchen las einen Zweizeiler in einer für ihn unverständlichen Sprache aus dem Buch vor. Fiireaz konnte sich wieder frei bewegen.
„Wo hast du das Buch her?“
„In der Bibliothek gefunden.“
Interessant. Diese Mia war ein ganz besonders kleines Mädchen.
„Was ist eigentlich mit deinen Eltern?“
Das Mädchen wies auf ein großes Fenster hinter sich. Fiireaz sah direkt in das Wohnzimmer hinein, das von einem überdimensionalen Bildschirm dominiert wurde. Gerade lief eine Show, in der Menschen miteinander tanzten. Über der Sofalehne (das Sofa kehrte dem Fenster den Rücken zu), sah er zwei Köpfe, einer hell, einer dunkel.
„Was ich mache, interessiert sie nicht sonderlich.“
Eltern, die ihre Kinder vernachlässigten, und schlimmeres. Für die war ein ganz besonders heißes Plätzchen in der Hölle reserviert. Der Hund winselte wieder. Fiireaz ließ sich in den Nachbargarten treiben. Auf der Veranda war ein abgemagerter Mischling angekettet. Der Wassernapf, den er zu erreichen versuchte, stand etwa eine Pfotenlänge vom Ende seiner Kette entfernt. Drinnen schnarchte jemand. Es war ein leichtes für den großen Fiireaz, sich in die Träume des Tierquälers zu schleichen und ihm zu zeigen, was ihn in der Hölle erwarten würde. Durst würde noch das geringste seiner Probleme sein. Und während der Träumer im Schlaf schrie und (vergeblich) gegen Flammen kämpfte, löste Fiireaz die Ketten und nahm den Hund mit.
Das Mädchen hielt schon einen Wassernapf und Futter bereit. Beide sahen dem Hund beim Trinken zu. Der große Fiireaz spürte eine seltsame Zufriedenheit in sich aufkommen. Das war doch mal was anderes als immer nur den höllischen Grill anzufeuern.
„Was jetzt?“
Das Mädchen blickte ihn nachdenklich an. „Ich will Königin der Welt sein.“
Er hatte doch gewusst, dass noch mehr in ihr steckte!
„Und dann?“
„Dann befehle ich, dass niemand mehr Tiere quälen, geschweige denn essen darf. Alle sollen Rad fahren. Autos werden abgeschafft und der Kapitalismus auch. Jeder darf so sein, wie er will, oder sie, oder was auch immer. Alle dürfen alle heiraten. Und als Erstes enteignen wir die Reichen und verteilen das Geld unter den Armen.“
Na, jetzt wurde es doch richtig spannend! „Darf ich die Reichen ankokeln?“
„Nur, wenn sie nicht vernünftig sind.“
Fiireaz rieb sich die Hände. Die Hölle war voller reicher alter Knöpfe, und keiner von denen war auch nur im Entferntesten vernünftig, weder im Leben noch hinterher. Die schrien selbst im Fegefeuer noch nach ihren Anwälten (die meistens gleich nebenan brutzelten). Das würde ein Spaß werden!
„Kriegst du das hin?“
Na und ob. Das war um Längen besser als sein Job da unten. Und wenn sein Chef sich beschwerte, dann konnte er immer noch darauf hinweisen, dass er von einer großen Zauberin bezwungen wurde. Fiireaz verbeugte sich.
„Stets zu Diensten, meine Königin.“
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In 2021 lassen wir uns von unseren Lieblingssongs zu Geschichten inspirieren.
Im Juli ist es I am the Fire von Halestorm. Die anderen Storys werde ich hier nach und nach verlinken:
C.A. Raaven rät Don’t.
Maike Stein stellt uns Die Feuerdrach vor.
Und bei Alexa Pukall geht es um Nekromantie.
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