Liebes Netflix,

Liebes Netflix,

wir müssen reden. Du hast mir so überaus großzügig einen Probemonat angeboten, und ich habe zugesagt. Tja, und da sitze ich nun und glotze. Jeden Tag.

Wie wäre es heute Abend mit Netflix?, lockst du mich per Email, aber das wäre gar nicht nötig.

Der Januar ist grau und feucht da draußen, aber hier drinnen machen wir zwei es uns hübsch gemütlich.

Anfangs habe ich mit Sabrina gehext (und mich köstlich amüsiert), dann habe ich Knochen aus Keksteig gebacken mit The Curious Creations of Christine McConnell, und zwischendurch ein paar Filme (z.b. Dr Strange) geguckt.

Dann entdeckte ich, dass du auch Sherlock zu bieten hast (habe ich schon erwähnt, dass ich ein Benedict Cumberbatch Fan bin?), Broadchurch und die Frankenstein Chronicles. Kürzlich habe ich die Titans angefangen, aber die waren mir dann doch viel zu brutal (ehrlich, muss das sein?). Da suchte ich doch lieber noch mal Doctor Who durch.

Durch dich hat sich mein aktiver Wortschatz erweitert (und so was findet man als Autor ja erst mal klasse). Ich weiß jetzt, was ‚durchsuchten‘ und ‚bingewatching‘ wirklich bedeuten (von ‚Netflix&chill‘ mal ganz abgesehen). Über ‚bingen‘ und ihre Netflix-Nächte hat Ulrike Draesner übrigens einen sehr schönen Artikel in der Zeit geschrieben. Sie meint sogar, einiges über Erzählformen gelernt zu haben.

Ich kann endlich mitreden, bzw. die Anspielungen verstehen, wenn sie sich auf FB und Twitter über dich unterhalten und die langen grauen Winterabende vergehen im bunten Bilderflug.

Du ahnst es bestimmt, jetzt kommt das Aber.

Erinnerst du dich an Nina Hagen? Nein, wahrscheinlich nicht, die war vor deiner Zeit. Und sie hat White Punks on Dope ganz wunderbar mit ‚Ich glotz TV‘ übersetzt und bereits gewusst „Tv is ne Droge, TV macht süchtich!“ Oder auch: „Ich kann mich gar nicht entscheiden, is alles so schön bunt hier …“

Du machst mich süchtig, Netflix. Ich fange an und kann nicht wieder aufhören. Nur noch eine Folge, nur noch eine … Ich muss mich zwingen, den Ausknopf zu finden, spätestens dann, wenn ich merke, wie ich innerlich ganz unruhig und hibbelig werde. Ich hänge stundenlang komatös im Sessel rum und du stopfst mein Hirn mit schnellen, grellen Bildern voll, du füllst mich ab, bis mir ganz schwindlig wird, und alle meine eigenen Bilder in deiner Flut ersoffen sind.

Und das ist (nicht nur) für eine Autorin absolut tödlich.

Ganz abgesehen von der Zeit, die du gierig frisst. Meine Lebenszeit.

Ich muss dir ein Geständnis machen: ich besitze keinen Fernseher. Jedenfalls keinen, der richtig angeschlossen ist. Hier steht eine uralte dicke Röhre, mit einem DVD-Spieler. Ab und zu bringe ich mir einen Film oder eine Serie aus der Bibliothek mit (rate mal, woher ich Sherlock kenne), gucke abends mal ein-zwei Folgen, und das reicht mir.

Denn da gibt‘s noch so viele andere Sachen, die ich gerne mache. Stricken und Hörspiele hören, zum Beispiel. Freunde treffen. Und, na klar: lesen, lesen, lesen. Telefonieren. Musik hören. Träumen. Neue Geschichten erfinden. Eigene Bilder malen.

Und dieses Jahr soll doch mein Ray-Bradbury-Jahr werden (Du willst mehr darüber erfahren? Dann guck doch demnächst mal auf meinen Blog). Und zwei Bücher warten darauf, zu Ende geschrieben zu werden.

Also, es tut mir leid, Netflix, aber mit uns wird das auf die Dauer nichts. Ich habe einfach keine Zeit für dich.

Gut, Doctor Who gucke ich noch zu Ende.

Aber dann ist Schluss mit uns.

Ganz bestimmt.

Deine Carola

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