Bettina Kerwien: Au Revoir, Tegel

Bettina Kerwien: Au Revoir, Tegel

Peter Kappe sieht aus wie ein leicht verhuschter Jesus, ist ein Pazifist und obendrein noch Psychologe. Und trotz allem (oder vielleicht auch gerade deshalb) Kriminalkommissar zur Anstellung in der Berliner Mordkommission. Und sein erster Fall hat es in sich: auf dem Gepäcklaufband des neu eröffneten Flughafens Tegel dreht eine Leiche ihre Runden.

Es ist der bekannte Konzertveranstalter Karl „Kalle“ Rosen.

War es René Bliss, eine sexy Chansonsängerin, die eigentlich Renate Marotzke heißt und Rosen viel Geld schuldet? Oder ihr Freund Marc Monroe, Spitzname „Der Singspargel“, aus purer Eifersucht? Und was hatte der französische Leutnant-Colonel Pelletier in der Nähe des Tatorts verloren?

Bettina Kerwien lässt den armen Kappe ganz schön rotieren, und als Leser verfolgen wir es genüßlich mit. Wir trinken Bluna mit Eierlikör, treffen Frank Zander in einer Bar und erfahren, dass der neue Flughafen wie ein Beton-Ufo aussieht, während Kappe nicht nur mit immer mehr Verdächtigen konfrontiert wird, sondern auch mit einem sehr persönlichen Angriff fertig werden muss.

Die Reise in die Vergangenheit ist wunderbar recherchiert und atmosphärisch dicht, sie wird so lebendig, dass man sie beinahe riechen kann:

„Auf der Frontscheibe von Kappes übersichtlichem Opel Rekord liegt der gefrorene Nebel des nahen Lietzensees. Kappe startet den Motor. Das Lenkrad ist kalt, die Lenkradschaltung klamm. Der Morgen riecht nach nassem Hund.“ (S. 21)

Kerwien fährt ein prachtvoll-skurriles Personal auf. Da ist z.B. die Gerichtsmedizinerin Doreen Niedergesäß, ein formidables Prachtweib, die sich von nichts und niemandem kleinreden lässt. Oder die mysteriöse Bestatterin Mambo Bajou, die geradewegs aus dem aktuellen James Bond Film gestiegen sein könnte.

Und dann gibt es immer wieder diese herrlichen Formulierungen, die einen beim Lesen oftmals kichern lassen:

„Ein Snob ist wie ein Königspudel: Schwer zu beschreiben, aber man erkennt ihn, wenn man ihn sieht.“ (S. 29)

Das Ende ist … aber lest lieber selbst!

Bettina Kerwien hat ein kleines Meisterstückchen abgeliefert, das glänzend unterhält und Lust auf mehr macht. Vielleicht darf sie ja demnächst wieder einen Kappe zu der Reihe „Es geschah in Berlin“ beisteuern?

Ich freue mich jedenfalls jetzt schon darauf.

 

  • Taschenbuch: 208 Seiten
  • Verlag: Jaron; Auflage: 1 (27. August 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3897738678
  • ISBN-13: 978-3897738676
  • 7.95 Euro

 

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