Eine unerwartete Diagnose
So, ihr Lieben, das wird ein schwerer Beitrag und ich weiß auch gar nicht, wie ich es sagen soll. Kann. Darf. Jedenfalls habe ich schon seit einiger Zeit Magenbeschwerden gehabt und zusammen mit meinem Arzt verschiedene Möglichkeiten abgehakt. Es hat alles eine Weile gedauert, vieles wurde ausgeschlossen und dann kam dann doch noch eine Diagnose: Tumor an der Bauchspeicheldrüse.
Wer jetzt nicht weiterlesen mag, dem bin ich gar nicht böse, ganz im Gegenteil. Ihr wisst selbst am besten, was ihr euch gerade zumuten könnt und was nicht.
Für alle anderen, danke, dass ihr noch da seid, und leider keine guten Nachrichten: Das blöde Ding hat schon in Leber und Lunge gestreut und ist zurückdrängbar, aber nicht heilbar.
Zwischen einem und fünf Jahren ist alles drin. Und dass es ganz schnell gehen kann natürlich auch.
Zack. Hammer.
Ich hab’s vor gut vier Wochen erfahren und warte eigentlich immer noch darauf, dass der Wecker klingelt und ich endlich aufwache.
Zwischenzeitlich habe ich schon die erste Runde Chemo im Krankenhaus hinter mir, bekam einen Port eingesetzt und mache ambulant weiter. Ein Hospizdienst ist mir auch vermittelt worden und ich habe Kontakt mit einer Gesprächstherapeutin aufgenommen.
Mein Doc hat mir ein Rezept für eine Perücke gegeben.
Meine Familie/Freunde können es nicht fassen.
Ich auch nicht.
Was jetzt?
Muss ich jetzt endlich den fälligen Bestseller schreiben?
Muss ich einen filmreifen Roadtrip hinlegen und mich mit allen Menschen aussöhnen, mit denen ich mich mal überworfen habe (das würde ein kurzer Trip)?
Muss ich eine Bucket-Liste anlegen und abarbeiten?
Oder darf ich mich mit Netflix auf dem Sofa verstecken?
Ich hab noch nicht mal richtig geweint. Immer nur so ein bisschen ansatzweise. Hab wohl Angst, dass ich nicht mehr aufhören kann, wenn ich erst mal anfange.
Finde ich das alles ungerecht? Nein. Menschen werden krank und sterben, so ist das nun mal. Warum also nicht ich?
Bin ich wütend?
Nein, nur traurig, dass meine Geschichte schon zu Ende sein soll.
Soll ich wütend sein, ist das besser? Gesünder?
Ich weiß es nicht.
Wie verhält eins sich, wenn es weiß, dass es demnächst sterben muss?
Wo ist „Sterben für Dummies“?
Muss wohl doch ein Buch schreiben.
Wolfgang Herrndorf hat über seinen Hirntumor geschrieben. Seine Devise: Arbeit und Struktur. Hab ich schon vor einiger Zeit gelesen, hat mich sehr beeindruckt. Nicht zuletzt, weil er sich gleich zu Beginn eine Exit-Strategie zugelegt hat. Die, das muss ich gleich sagen, partout nicht meine wäre.
Herrndorf hat so schnell geschrieben wie er nur konnte, bei mir ist gerade alles versiegt. Nicht mal meine Kurzgeschichte für #phantastischermontag habe ich geschafft.
Dafür hat mir ein alter Freund (danke, @slowtiger) auf Mastodon eine kleine Story gewidmet:
The doctor looked ashamed.
„There has been a … mistake. A simple mis-labeling, indeed. No need to worry, it will cure your cancer anyway.“
„But this back pain? Will it go away?“
The doctor sighed.
„We’re a multi-species clinic. The infusion you’re getting for weeks now was not aimed at humans.“
„What will happen?“
„Nothing harmful, really. You just will get wings. Colourful wings.“ She reached in her pocket. „Here, I brought you some pilot goggles.“
(#PhantastischerMontag für @CarolaWolff )
Als ich das gelesen hatte, musste ich tatsächlich ein wenig weinen. Aber nur ein wenig, den Rest habe ich mir fix verkniffen.
Irgendwann kommt das noch, ich weiß.
Ansonsten: weitermachen. So lange wie möglich, so gut wie möglich.
Was ich mir wünschen würde: behandelt mich, so ihr es schafft, bitte nicht anders als sonst. Ich möchte lachen, Witze machen und selbst wenn der Humor ein wenig schwarz wird, so hilft mir das doch mehr als alles andere.
„To the well-organized mind, death is but the next great adventure,“ sagte Dumbeldore zu Harry.
Nun denn.
Auf ins Abenteuer.