Schreiben im Zauberzirkel

Schreiben im Zauberzirkel

Ich habe mir einen kreativen Zauberzirkel eingerichtet, und das kam so: Kürzlich entdeckte ich in meiner Bibliothek ein Büchlein aus der Duden-Reihe Kreatives Schreiben. Es heißt Schreiben unter Strom, ist von Stephan Porombka und handelt vom Experimentieren mit Twitter, Blogs, Facebook & Co, kurzum, dem Schreiben im Internet.

 

Goethe und der Zauberzirkel

Porombka, Professor für Literatur und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim, stellt verschiedene Arten der Internet-Literatur vor und gibt Anregungen in Form von Schreibexperimenten für das eigene Schreiben im Netz. Es geht z.B. um Computerlyrik, SMS-Gedichte, literarische Hypertexte, E-Mail-Romane oder Transmedia-Storytelling.

Obwohl das Büchlein bereits 2012 erschienen ist (nur noch gebraucht erhältlich) und manches schon leicht überholt wirkt, habe ich es doch mit Interesse gelesen und mir ein oder zwei Ideen notiert.

Eine echte Erleuchtung für mein persönliches Arbeiten und Schreiben hat für mich jedoch gleich das erste Kapitel gebracht. Porombka erzählt davon, wie Goethes Haus eingerichtet war (er stützt sich auf einen Aufsatz von Erich Trunz: Ein Tag aus Goethes Leben): nämlich als literarische Werkstatt. Jedes Zimmer hatte seine eigene, spezielle Funktion, die den Intellekt und die Kreativität anregen sollte. Das Schreibzimmer, die Sammlungen, das Musikzimmer, das Zimmer für Gespräche…

Zauberzirkel‘ hat Goethes alter Freund Knebel die Atmosphäre in diesem Haus genannt. (…) Es ist eine Ansammlung von unterschiedlichen Funktionsräumen, die so miteinander verbunden sind, dass sich in einem etwas abrufen lässt, was im nächsten Raum genutzt werden kann. Der Autor organisiert in diesen Räumen Menschen, Gegenstände, Reflexionen, Kommunikationen und Schreibhandlungen so, dass sie sich gegenseitig intensivieren. Auch wenn hier alles nacheinander passiert, passiert doch nichts isoliert. Alles dient dazu, Goethes Arbeit an einem Werk zu befördern, das größer ist als ein Gedicht, ein Roman oder ein Aufsatz: es ist die Produktivität, die hier in Gang gesetzt und in Gang gehalten wird. Es ist ein ständiges Schreiben unter Strom – oder, wie es der Kreativitätsforscher Mihaly Csikstentmihalyi genannt hat: ein ‚Flow‘, ein Fließen von kreativer Energie in einem ‚Zauberzirkel’.

(Schreiben unter Strom, S.16/17)

 

Mein PC als Zauberzirkel

Musik, Kunst, die Bibliothek, Gespräche. Für alles ist Platz und Raum und am Ende fließt in Goethes Schreiben zusammen. Das hat mir schon gut gefallen. Da ich in einer kleinen Einzimmerwohnung lebe, ist es für mich jedoch wenig praktikabel. Und (nicht nur) deshalb fand ich Porombkas Idee, den eigenen PC als Zauberzirkel einzurichten, sehr spannend. Er spricht folgerichtig von einem Zaubernetzwerk, in dem laufend Neues entsteht.

An meinem PC schreibe und lese ich Texte, speichere/höre Musik, korrespondiere via E-Mail, trete via Zoom u.a. mit anderen in Kontakt etc. Per Social Media Apps teile ich Texte, Bilder, Musik, sehe mir an, was andere machen, tausche mich aus. Angeschlossen sind u.a. das Smartphone, das Tablet, der E-Reader.

Der Computer ist die Maschine, mit der wir unsere Aktivitäten immer dichter vernetzen. Dieses feingesponnene Netz ist unsere Werkstatt. Unser Atelier. Unser Labor, in dem wir mit Materialien experimentieren. Es ist der Ort, an dem wir die Welt für uns herstellen. Und mit der Welt immer zugleich uns selbst. Der Computer, mit dem wir arbeiten, ist eine Kreativitätsmaschine.

(Schreiben unter Strom, S. 19)

 

Meine Ideen besser sortieren

Mir gefällt diese Sichtweise sehr. Denn ich habe, zugegebenermaßen, immer noch Probleme mit all diesen neuen Techniken (die sich ja auch ständig, mit ungeheurer Geschwindigkeit) verändern. Einerseits arbeite ich gerne damit, andererseits möchte ich aber auch nicht davon aufgefressen werden (vor allem von Social Media).

Auf Anregung von Porombka arbeite ich jetzt an meiner eigenen digitalen Schreibwerkstatt. Ich habe mir eine Skizze für meinen Zauberzirkel gemacht (mein PC und alle Geräte, die daran angeschlossen sind) und überlegt, wie ich das besser untereinander vernetzen kann.

Das Ziel ist, einen Zusammenhang aller Bereiche zu entwerfen, mit dem sich der Flow der eigenen Produktivität immer weiter optimieren lässt.

(Schreiben unter Strom, S. 20)

Dabei habe ich festgestellt, dass sozusagen viel zu viel lose Zettel überall herumfliegen. Als Hilfsmittel habe ich mir jetzt erst mal die (kostenlose) Grundversion der App Evernote sowohl auf meinem Laptop als auch meinem Smartphone eingerichtet. Da kann man sich verschiedenen Notizbücher erstellen und in denen sowohl Web-Clippings als auch eigene Notizen, Musik, Bilder etc. sammeln. Bin schwer begeistert.

Seitdem kann ich das, was mir bei meinen Ausflügen ins Netz begegnet, was mich inspiriert und vielleicht in neuen Romanen/Storys landen kann, viel besser sammeln und einzelnen Projekten zuordnen.

Natürlich gibt es darüber hinaus immer noch diverse ‚richtige‘ Notizbücher (ich liebe schön gemachte Notizbücher sehr) und Aktenordner voller Ideen, Brainstormings etc. Ich habe auch einen Taschenkalender, den ich sehr mag.

Mein Zauberzirkel wird immer beides beinhalten. Aber hoffentlich in Zukunft etwas besser organisiert.

Und wie organisierst du dich? Kommentiere doch gerne hier, ich würde mich über einen Austausch von Ideen /Anregungen sehr freuen.

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