Eine haarige Sache
Dass mir als Folge der Chemotherapie u.a. auch die Haare ausfallen können, hat mein Doc schon sehr früh erwähnt (und mir auch gleich ein Rezept für eine Perücke ausgestellt). Ich war also vorgewarnt. Vorsorglich ging ich zum Friseur und ließ alles schön kurz schneiden, was mir dann sogar noch ganz gut gefiel. Aber als es dann nach der dritten Chemorunde tatsächlich losging, hat es mich doch noch mal umgehauen. Zuerst waren es nur wenig, dann immer mehr. Beim Anziehen, waschen, Haare kämmen. Und als ich dann unter der Dusche beim Haarewaschen plötzlich einen ganzen Batzen meiner Locken in der Hand hatte, durchfuhr mich doch ein heißer Schreck.
Im Moment sehe ich aus wie ein gerupftes Huhn. Es scheint immer mehr Kopfhaut durch und ich überlege, ob ich mich nicht einfach ganz kahl rasieren lasse. Ob das wohl eine Friseuse tut? Oder wage ich es selbst, mit Schere und Nassrasierer?
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?
Ich weiß nicht so recht.
Eine ganz wunderbare Sache gibt es aber in diesem Zusammenhang auch zu berichten. Seit über zehn Jahren bin ich bei einer Writers Coaching Gruppe dabei, die auch regelmäßig Schreibreisen nach Zinnowitz macht. Dieses Jahr konnte ich wegen meiner Krankheit/Behandlung leider nicht mitkommen und habe ihnen das auch ganz offen mitgeteilt (siehe Eine unerwartete Diagnose). Und als sie von der diesjährigen Schreibreise zurückkehrte, überreichte mir meine Freundin und Lieblingsschreibbuddy Bettina Kerwien im Namen aller einen kleinen Schatz, verbuddelt in echtem Zinnowitzer Sand. Da war doch tatsächlich für mich gesammelt worden, damit ich mir eine Perücke leisten kann. Es war ein stattliches Sümmchen zusammengekommen und ich habe erst mal ne Runde heulen müssen.
Perücken können nämlich ziemlich teuer sein, je nachdem, wofür ich mich entscheide. Echthaar, Kunsthaar oder eine Mischung von beidem? Und dann gibt es natürlich auch Turbane, Tücher, Hüte, Beanies etc.
Jedenfalls habe ich mich über die Sammlung meiner lieben Mitschreiberlinge unglaublich gefreut. Eine Sorge weniger. Zumal mir nicht bewusst war, wie teuer eine Krebserkrankung sein kann. Da trudelte nämlich vor kurzem auch die erste Rechnung der Apotheke ein, die meiner Arztpraxis die Medikamente liefert, welche ich dann an meinen Therapietagen über den Tropf verabreicht bekomme. Das sind pro Chemorunde jeweils 70 Euro, und insgesamt sind fünf Runden angesetzt. Da werde ich wohl bei meiner Krankenkasse eine Zuzahlungsbefreiung beantragen müssen (und hoffen, dass ich sie auch bekomme).
Währenddessen sehe ich mir auf YouTube Tutorials darüber an, wie Tücher schick gebunden und getragen werden können (ich empfehle Gut betucht durch die Chemozeit) und lese über Perücken nach. Empfehlenswert, weil Vor- und Nachteile gut zusammengefasst sind: Synthetic wigs vs human hair wigs.
Jedenfalls habe ich mir erst mal ein paar bunte, preiswerte Beanies bestellt. Und dann suche ich mir einen Laden/Friseur aus und lasse mich beraten.
Noch ein Tipp: die kostenlosen Online-Kosmetikseminare von DKMS Life speziell für Krebspatientinnen. Ich habe mich für eins in der nächsten Woche angemeldet und freue mich schon. Es gibt sogar ein kostenloses Kosmetikpaket dazu.
Ich sag euch, Leute, macht was Schönes für euch. Soooo verdammt wichtig, um durchzuhalten. Vor allem, weil es zwischendurch immer wieder Tage gibt, an denen eins nur noch die Decke über den Kopf ziehen und verschwinden möchte.
Dann ist es schön, etwas zu haben, auf das ich mich freuen kann.